Ich frage sie, ob sie von hier ist, während sie mir meinen Kaffee mit Hafermilch serviert.
Nein, sie arbeitet nur im Sommer
hier, im Winter lebt sie in Linköping, wo ihre Tochter studiert.
Meine Jacke dampft auf der Heizung den letzten Regenschauer aus. Ich schaue durchs Fenster. Kurz kommt die Sonne wieder heraus. Draußen fahren Autos durch Pfützen und ziehen Regenbogen hinter
sich her.
Ihr Englisch ist perfekt, während sie bei mir sofort hört, dass ich Deutscher bin.
Die Deutschen haben immer so ein verklärtes Bild, sagt sie, dass in Schweden alles aus Zuckerstangen, Puppenstuben und Pippi Langstrumpf bestehe.
Aber Schweden ist doch auch schön, sage ich.
Sie schmunzelt, während sie den Nebentisch abwischt.
Ja, das stimmt, sagt sie, Schweden ist sehr schön.
Ein Kleinwagen fährt vorbei, der wie ein Würfel aussieht. Sechs Elchlichter sind auf die winzige Kühlerhaube gepresst. Ich warte darauf, dass er bei der nächsten Bodenwelle vom Gewicht der
Lichter vornüber kippt, aber nichts passiert.
Was mich denn so fasziniere an diesem Land, fragt sie mich.
Ich erzähle ihr, dass ich mit 10 Jahren zum ersten Mal in Schweden zur Orchesterfahrt in Malmö war, dass ich vom Saab meiner Gasteltern mit dem Zündschloss in der Mittelkonsole begeistert war und
von der vielen Landschaft ohne Menschen, dass ich fast jedes Jahr nach Skandinavien reise, am liebsten mit Zelt und Fahrrad und dann darüber schreibe.
Sie hört interessiert zu und verharrt einen Moment.
Ich habe zwei große Träume, sage ich. Erstens möchte ich irgendwann einmal in einem schönen Haus in Deutschland in der Nähe der Berge leben. Zweitens möchte ich jedes Jahr während der
Sommermonate Zeit in einem Ferienhaus in Schweden verbringen und dort arbeiten.
Wann ich mir denn meine Träume erfüllen will, fragt sie mich.
Ich lächle. Meinen ersten Traum habe ich mir vor ein paar Monaten erfüllt, antworte ich.
Sie macht mit dem nächsten Tisch weiter.
Aber den zweiten Traum habe ich mir doch auch schon erfüllt, sagt sie und rubbelt energisch an einem Fleck.
Ich ziehe eine einzige Augenbraue hoch, obwohl ich das gar nicht kann.
Naja, sagt sie. Wenn ich doch sowieso dauernd hier oben bin, dann ist mein Zelt mein Haus und wenn ich darüber die ganze Zeit schreibe, dann ist das doch meine Arbeit.
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